AM ENDE WIRD ALLES GUT: REHATAGEBUCH #15 Das Ende

Der lange Abschied:

Mittwoch 25.01.23, der erste Nachmittag bzw. Abend zu Hause. Ich war ja schon gegen 10:00 wieder in Falkensee. Das Wetter ist auch nicht besser als an der Müritz. Jetzt sitze ich hier und vor mir liegen die Spielkarten, es ist 18:00. Tja, denke ich gestern um die Zeit haben wir noch Skat zusammen gespielt, heute ist die Bruderschaft der Skatbrüder auseinander gegangen und zwar gegen 8 Uhr. Der lange Abschied hat bereits am Vorabend begonnen.

Wir sitzen alle am Tisch im Restaurant. Es ist für uns das letze Abendmahl. Allerdings sind wir nur acht und keiner hält sich für Jesus. Wir sind alle sehr hungrig. Ein letztes Mal werden die Erlebnisse des Tages ausgetauscht und diskutiert. Natürlich ist auch der miesepetrige Spielverderber Bruno eine Thema. Peer hatte das Vergnügen ihn bei der Ernährungsberatung kennen zu lernen und bescheinigt, der hat einen an der Klatsche. Otto hatte ein Erlebnis mit ihm beim Essen. Bruno hat doch tatsächlich den Küchenchef rufen lassen, da ihn die Soße zu sämig war. Ist Bruno Koch oder Restaurantkritiker, Ernährungsspeziallist oder einfach nur doof. Wir werden es wohl nicht erfahren. Wir sind uns aber einig das wir ein tiefes Bedauern für alle Mitarbeiter der Klinik, die mit Bruno zu tun haben werden, empfinden.

Nach dem Essen geht es zum Skat. Ein paar letzte Spiele, Grand Hand, Null Ouvert, Ramsch usw. Es wird ein lustiger Abend und ich sehe gar nicht schlecht dabei aus. Hans ist und bleibt aber der coolste. Otto experimentiert und fängt sich ein paar heftige Niederlagen ein. Ich als Novize bin zwar immer noch kein Großmeister des Ordens man bescheinigt mir aber, das ich viel gelernt habe.

Morgen werden Hans und ich abreisen. Otto und Peer dürfen noch bleiben. Wir beschließen unser Kontaktdaten auszutauschen und uns zu vernetzen. Bis auf Otto haben wir alle die Möglichkeit innerhalb des Jahres noch mal ein dreiwöchige Kur zu machen. Wir wollen alle den Antrag so stellen, das wir uns im Oktober hier wieder treffen. Mal sehen ob es klappt. Nun ist der letzte Trumpf gespielt und der letzte Stich gemacht. Hans ist etwas melancholisch und müde. Der Rest der Gang richtet sich gemütlich ein. Wir gucken noch Fußball und trinken den Kühlschrank leer. Störtebeker ist nach diesem Abend alle. Das Fußballspiel Bayern gegen Köln ist spannender als wir erwartet haben. Die Zeit geht verflucht schnell um. Der letzte Abend endet und wir gehen alle ins Bett, nicht ohne uns zum Frühstück zu verabreden.

Ich kann nicht einschlafen. Ich denke an die schönen und lustigen Momente zurück und ziehe ein Resümee. Was habe ich in der Reha erreicht. Das Thema gereizte Blase lassen wir mal außen vor. Mir geht es gut. Ich brauch mir keine Sorgen machen. Wenn ich es richtig anstelle brauche ich nur noch 5 Jahre zu arbeiten. Wenn ich noch etwas trickse sind es netto sogar noch viel weniger, denn krankheitsbedingt bin ich nicht mehr kündbar. Ich denke an einen langen und schönen Ruhestand und schlafe wohl darüber ein.

Bob weckt mich ein letztes Mal. Glücklicherweise habe ich schon alles gepackt und kann mich in Ruhe fertig machen. Pünktlich um 06:30 bin ich beim Frühstück und alle sind da. Fast schweigend nehmen wir unser Frühstück ein. Die Stimmung ist etwas gedrückt. Ich mache den Anfang, einer muss ja als erstes gehen. Was folgt ist eine dramatische Abschiedsszene a la Hollywood. Viele Umarmungen und Versprechungen in Kontakt zu bleiben. Dann bin ich weg. Noch mal schnell ausfs Klo, Koffer holen, auf der Station abmelden und Auto holen. Am Auto angekommen merke ich, das mein Handy fehlt. Verdammt wo habe ich es gelassen? Schnell mit dem Auto zurück und scharf nach gedacht. Ich stürze zurück in die Toilette und habe richtig geraten. Ist mir wohl bei der letzten Sitzung aus der Gesäßtasche gerutscht. Glück gehabt, das wäre ja was geworden. Ich treffe im Foyer noch mal Hans. Er bedankt sich für die nette Gesellschaft: „ Bleib Mensch und so wie du bist“. „ Du auch, viel Spaß beim Skifahren, genieße es“. Ich steige ein und fahre im dunkeln los. Es geht zurück über die selbe Strecke, wie ich gekommen bin Felder wechseln sich mit Solarparks bis zur Autobahn ab. Dann wird es langsam heller. Alles läuft gut, bis auf die Tatsache, das ich öfter mal auf Klo muss. Über Spotify läuft meine Playlist mit Songs übers Reisen, über Einsamkeit und über Abschied nehmen. Als ich Falkensee ankomme läuft von Zodiac Coming Home und ich bin nun doch etwas traurige, das die 4 Wochen, die schön und aufregend bis spannend waren, zu Ende sind. Aber alles ist gut und wenn es in ein paar Wochen oder Monaten nicht gut ist, dann……………………… war das doch nicht das Ende!

Nach Hause kommen, verloren, um gefunden zu werden
Verloren gefunden
Ich bin nur einen Schritt von mir entfernt!
Ich komme nach Hause!
Bis zu meiner Seele, bis zum Stück meiner.
warten, die Liebe beginnt,
Warten auf mein Alles!
Auf dieser Straße kann es nicht mehr aushalten!
Alles, was ich brauche, scheint mir
So weit weg, würdest du mir bitte nicht helfen
Auf dieser Straße aus Stein?
Ich werde sogar zu den Feuern der Hölle reiten
Raus aus dem Gefängnis… tut mir leid, das zu sagen
Willst du nicht weitergehen, sag kein Wort
Lass mich sein… Ich habe gerade deine…
Warte nicht auf mich, nur um deine Zeit zu verschwenden
Ich komme nicht alleine an die Grenze zurück, an die Grenze!

Ich komme nach Hause, verloren, um gefunden zu werden, gefunden, um verloren zu sein
Ich bin nur einen Schritt von mir entfernt!
Ich komme nach Hause zu meiner Seele
Bis auf die Seele!

E N D E!

AM ENDE WIRD ALLES GUT: REHATAGEBUCH #14

Wir spielen also Ball. Die Art und Weise sich die im Kreis jeden zweiten zuzuwerfen klingt nicht schwer. Aber zusätzliche Bälle in unterschiedlichen Richtungen mit Richtungswechsel sind eine gute Konzentrationsübung. Da das manchmal nicht klappt wird’s lustig, da kriegt man den Softball auch mal an den Kopf. Auch ich obwohl ich voll konzentrahiert bin. Wir haben echt Spaß und flachsen rum, scherzen mit dem Trainer und wir haben echt Spaß, Das passt aber Bruno nicht der sich dann empört zu Wort meldet: „Müsst ihr da in der Ecke alles mit einem Spruch kommentieren“? Ich beantworte die Frage gerne:“ Ja natürlich, denn wir haben Spaß und das ist ja der Sinn.“ Bruno meint:“ Wir sind ja nicht im Kindergarten und das muss man ernst nehmen“. Er meckert und sagt einige sehr unfreundliche Dinge. Was für ein Misanthrop. Mir reicht es: „Bevor Sie irgendjemanden vorschreiben ob er lustig ist oder nicht sollten Sie erst mal lesen lernen und den Toaster sachgemäß bedienen“! Das hat gesessen. „Du bist hier wohl der Humorbeauftragte“!? „ Richtig und Sie sind wohl das Arschloch hier“ Okay den Beifall der Kumpels habe ich verdient. Die Ermahnung den Streit zu beenden auch. Das war es aber wert. Bruno gibt bis zum ende Ruhe. Am Ende beschwert er sich, das der Sport ja eher was für Kinder wahr, er fühlt sich veralbert.

Nach so viel Spaß und Sport nehme ich erst mal ein ausgiebiges Frühstück ein. Dann kommt der nächste Moment der Wahrheit auf meiner Abschiedstournee. Der Beckenbodentrainer wartet schon zur Abschlussprüfung. In englisch heißt das übrigens Pelvis Trainer, hört sich cooler an. Jetzt heißt es höchste Konzentration. Erst mal drei mal maximal anspannen; super 100%. Jetzt wird es schwierig, es heißt wieder die Kurve nachzeichnen oder wie ich sage die beiden abgeflachten Pyramiden. Es läuft sehr gut, nach 6 Runden folgt die Auswertung. Die Therapeutin ist sehr zufrieden. Anspannung und halten liegen schon bei über 90% und die Entspannung liegt im mittleren 80iger Bereich. Das ist sehr gut. Faktisch bin in jetzt trocken.

Jetzt muss ich nach oben zum Sozialdienst. Im Fahrstuhl treffe ich, ihr werdet es sicher erraten, ja natürlich den miesepetrigen Bruno. Leider ist er nicht alleine, obwohl mein Mitleid gilt den anderen Mitfahrern, die voll getextet werden. Bruno vergleicht die Organisation der Klinik mit den 5 Jahres Plänen der DDR, die ja auch sinnlos waren. Er legt noch nach und mein, das es hier schlimmer wäre als bei der Bundeswehr, die wäre humaner gewesen. Anscheinend überfordert es ihn das er schon um 7:00 Sport hat. Wie auch immer ich bin froh, das ich aussteigen darf. Ich frage mich warum Bruno überhaupt zur Reha gefahren ist.

Beim Sozialdienst habe ich ein sehr nettes Gespräch über meine berufliche Zukunft. Die Dame ist auch sehr kompetent. Der erste Akt: Das Krankengeld beantragen. Ich bin seit einer Woche länger als 6 Wochen arbeitsunfähig, daher werde ich kein Gehalt mehr vom Arbeitgeber bekommen. Ist aber nicht schlimm. Der zweite Akt hat dann den Grad der Behinderung zum Thema. Ich bin jetzt also zu 50% schwer beschädigt. Den Ausweis bekomme ich noch. Ich habe gar nicht gewusst, das ich jetzt beim Autokauf und bei Handyanbietern Sonderrabatte bekomme und auch sonst lohnt sich das, obwohl ich lieber gesund geblieben wäre. Der Ausweis gilt 5 Jahre. Danach gelte ich als geheilt. Der größte Vorteil aber ist, die Rente. Ich muss nicht mehr bis 67 arbeiten, spätestens mit 64 ist Schluss, ohne Verluste. Der dritte Teil betrifft dann die Nachfolgekur, die mir dieses Jahr noch zu steht. Brutto muss ich noch 5 Jahre arbeiten. Netto, wohl weniger, ich bereite mich schon langsam vor. Nebenbei bin ich eigentlich unkündbar. Das macht alles viel einfacher und entspannter.

Als vorletztes steht das abschließende Arztgespräch an. Die Therapieziele habe ich erreicht, sogar die 3 KG beim Gewicht, allerdings in die falsche Richtung. Ich habe also zugenommen. Aber egal Hauptsache die Sache mit der Dichtigkeit funktioniert. Auch die allgemeine Fitness ist besser geworden. Problem bleibt die postoperative Reizung der Blase, inklusive Harndrang und leichten Schmerzen. Die bleiben mir auch erhalten bis die Fäden ausgespült worden sind. Man kann nur die Beschwerden lindern. Also versuche ich alles, damit die Fäden heraus gespült werden; viel trinken, viel pullern usw. Dr. Tasilids fragt mich ob denn die Sexualfunktion soweit Okay sind. Ich bejahe das, obwohl ein wenig Hilfe wäre manchmal nicht schlecht. Wir sprechen über Viagra und Co. Alles weitere darf ich aber mit meinem Urologen besprechen. Als ich vom Arzt raus komme, kommt mir wieder Bruno entgegen in der Hand vermutlich der Grund für seine doch recht eigenartige Verhaltensweise. Bruno bring seine Windeln zum wiegen. Ich denke er hat noch viel Arbeit vor sich um wieder kontinent zu werden. Auf dem Weg zum letzten Beckenbodentraining lese ich den Entlassbrief an die Rentenversicherung. Ich werde als sehr kooperativer Patient beschrieben, es läuft alles super.

Ich habe noch Zeit ein paar Einkäufe vor dem Abendessen zu erledigen. Mit dem Abendessen beginnt der letzte Teil, der lange Abschied.

AM ENDE WIRD ALLES GUT: REHATAGEBUCH #13

Montag:; Ich komme ziemlich schwer aus dem Bett. Kein Wunder musste ich doch diesmal dreimal raus. Das mit der gereizten Blase ist mal besser und mal weniger gut. Heulen gilt nicht, da müssen wir durch. Beim Frühstück verschlechtert sich meine Laune um das zu erklären muss ich noch mal eine Rückblende zu Sonntagabend einfügen.

Sonntag 17:30. Die Brüder vom Orden des Skates sitzen gemütlich beim Abendbrot wie alle anderen. Bruder Otto von Ramsch fehlt noch an der Tafel, Bruder Hans Grand Hand schmiert sich ein paar Brote und Bruder Peer der Coole, beißt in sein knackiges Gemüse. Es wird auf einmal laut; ein Tumult, Geschimpfe und Flüche. Was ist geschehen? Am Buffet gibt es ein Toaster, der mit einem Transportband arbeitet. Man legt sein Toast vorne rein und nach ein paar Minuten kommt es gut getoastet wieder raus. Will man es besonders knusperig dreht man halt eine zweite Runde. Offensichtlich gibt es Kunden, die im Geiste arm sind. Deswegen steht in großen gut lesbaren Lettern auf dem Plakat neben dem Toaster, was man toasten darf und was nicht. Da steht in fetten Lettern „nur Brötchen und Brot“. Ausdrücklich wird darauf hingewiesen nichts mit Zucker dort einzuführen und auch das Überbacken mit Käse ist ausdrücklich verboten. Eigentlich sollte der gesunde Menschenverstand wissen, das letzteres nur zu einer Sauerei führen kann.

Anscheinend hat man aber die Rechnung ohne Bruno den Griesgrämigen gemacht. Der wollte unbedingt sein Toast überbacken. Kurze Zeit später roch es ziemlich verbrannt im Speiseraum. Bruno lies sich davon aber nicht beirren und marschierte an seinen Platz und wollte sein Toast verschlingen. Bruno ist groß und recht kräftig und hat eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Boxer Nikolai Valuev. Anhand seines Auftreten, seinen Äußerungen und auch an gewissen äußeren Merkmalen, wie z.B. Thor Steinar Klamotten, kann man davon ausgehen das es hier um einen strammen Biodeutschen handelt. Seine Dummheit bleibt natürlich nicht unbemerkt. Der Chef des Restaurants stürmt wutentbrannt den Gang runter an den Tisch von Bruno, sieht das Toast und erklärt Bruno was er angerichtet hat. Dazu muss man sagen das Chefe nur ca. 160 cm groß ist und aus Costa Rica stammt. Das gefällt Bruno gar nicht und es gibt ein lautstarkes Wortgefecht mit unschönen Worten. Bruno entpuppt sich dabei als Fehler der Evolution mit fehlender intellektueller Tiefe. Er darf sich die Schweinerei noch mal ansehen und kehrt grummelnd an seinen Tisch zurück. Tja manche Leute können sich halt nicht benehmen. Hm, habe ich das jetzt nur gedacht oder laut ausgesprochen. Bruno schaut mich ziemlich böse an.

Tja soweit die Vorgeschichte. Nun stehe ich hier am Buffet mit zwei weichen Toast, die ich natürlich nicht zurücklegen darf und vor einer Fläche, wo sonst der Toaster stand. Bruno hat ihn ruiniert. Ich schiele um die Ecke, kein Bruno. Das ist auch besser so, vielleicht hätte ich mich sonst zu einer unbedachten Äußerung verführt.

Das war eigentlich schon das einzig aufregende heute. Mal abgesehen von einem Test. Die Harnstrahlmessung. Als ich das im Plan gelesen habe, hatte ich schon wieder Kopfkino. Was wird gemessen und wie lange, die Länge des Strahls oder die Dicke. Steht evtl. eine Schwester die ganze Zeit mit einem Messschieber neben mir. Ein unschöner Gedanke, vor allem wenn man vielleicht nicht so fit ist wie ich im Moment. Oder geht es vielleicht um die Menge? Dicht dran obwohl die Mengenmessung habe ich ja schon mit dem Pinkelprotokoll erledigt. Wie schon in der Vergangenheit ist auch hier das ganze wenig spektakulär. Nach einer kurzen Einweisung bin ich sehr einsam. Ich stehe in einem kleinen kargen Raum und bin ganz allein. Nun ja fast, mitten im Raum steht ein Gestell darauf ein Messbecher und darüber eine riesige Trichterkonstruktion. Am Trichter blinkt eine Leuchtdiode. Da soll ich also rein pinkeln. Na dann, Wasser marsch; auf das Ergebnis bin ich gespannt.

Otto und ich treffen uns und überlegen wie wir den Therapieplan nach dem Abendessen gestalten wollen. Eigentlich ist Skat angesagt und ab 20:30 wollen wir Deutschland gegen Norwegen sehen. Das Problem: Ab 19:00 soll auch der Film „ Der Vorleser“ gezeigt werden. Der geht 2 Stunden, wir haben also einen Terminkonflikt. Die Lösung: Wir ziehen ins UG dort steht eine gemütliche Sitzgruppe und an der wand hängt eine Riesenfernseher, auf dem rund um die Uhr Nachrichten laufen. Wir theoretisch nur die Erlaubnis umzuschalten. Es bleibt bei der Theorie, denn ohne Begründung wird uns der Wunsch versagt. Gerade als wir um disponieren wollen kommt die Rettung aus einer anderen Richtung. Der Film wurde abgesagt. Stattdessen gibt es wieder ein Konzert und das geht maximal 90 Minuten. Das passt prima.

Nachmittag bin ich vom Sport geschafft, zu Abwechslung haben wir mal wieder Tischtennis gespielt. Leider werde ich kein Tai Chi und kein Bogenschießen mehr haben, bevor ich nach Hause fahre. Egal, ich darf ja wegen der Infektion auch nicht mehr schwimmen. Also perfektioniere ich meine Skatkenntnisse. Peer, Hans und Otto erteilen mir eine Lehrstunde. Nun ja man lernt nicht aus Siegen oder erfolgen, sondern aus Niederlagen bzw. Misserfolgen. Danach gucken wir halt noch Handball.

Der letzte Tag. Etwas ungläubig schaue ich auf den Plan. Echt um 07:00 schon wieder Sport? Okay mach ich und beschließe gute Laune zu haben. Das hilft, die halbe Skatgang ist anwesend. Hätte ich zu diesem Zeitpunkt gewusst, welche Dynamik und Dramatik der Tag nimmt, ich hätte mich wohl gedrückt. Ich hatte es irgendwie geahnt, auf einmal steht Bruno der Griesgrämige in der Halle. Oh bitte nicht am letzten Tag. Seit der Toasterkatastrophe habe ich gewusst, das der nicht sauber tickt und ein Zusammentreffen nicht gut ausgehen kann. Ich bin auf der Suche nach der maximalen Entfernung zu Bruno. Dann geht es los. Wir werfen uns Bälle zu mal in die eine dann in die andere Richtung. Die Anzahl der Bälle variiert, genau wie die Richtung. Das führt zu lustigen Situation und fordert uns quasi heraus. Was dann und dem Rest das Tages noch passiert ist gibt es in der letzten Fortsetzung zu lesen.

AM ENDE WIRD ALLES GUT: REHATAGEBUCH #12

Freitag auf zur letzten Runde. Heute ist ganz wichtig, der Gehtest. Den hatte ich ja schon zum Anfang, ihr erinnert euch, das war wie ein Rundgang im Hof von einem Knast. Damals wusste ich ja das man damit testen will, ob man in der Reha fit geworden ist. Um mich nicht unter Druck zu setzen habe ich beim Eingangstest bewusst langsam gemacht und nur 9 Runden geschafft, damit ich dann eine recht entspannte Steigerung hinlegen kann. Erster Denkfehler; dadurch wurde mein Therapieplan mit sportlichen Aktivitäten voll gestopft. Ich hatte ja offensichtlich Nachholbedarf, so malade wie ich war.

Jetzt stand ich vor einer schwierigen Entscheidung, wie ich mich jetzt verhalten soll. Noch langsamer und noch eine weitere Verlängerung riskieren? Nein, etwas Reststolz habe ich noch. Also gebe ich volle Power und laufe los als würde ich im Gehen bei den olympischen Spielen starten. Ich überrunde alle und schaffe 18 Runden. Dem Trainer fällt fast die Stoppuhr aus der Hand. Der Puls ist bei 120. Läuft doch, mein Gott bin ich fit, während meine Lunge versucht fluchtartig den Brustkorb zu verlassen. Unglücklicherweise habe ich dann hinterher auch noch Außensport. Das bedeutet 40 Minuten zügiges marschieren. Ich komme mir vor wie in einem Bootcamp und krabble anschließen auf allen Vieren ins Zimmer. Ich muss zum Inkontinenztest, das bedeutet, wieder Protokoll führen und Vorlagen sammeln. Vor dem Essen gönne ich mir noch den Hydrojet. Den werde ich zuhause echt vermissen.

Nach dem Mittagessen muss ich zum Arzt, Dr. Becker ist nicht da, aber Doktor Tsasidis nimmt sich Zeit. Er studiert intensiv die Tests und kommt zu einer neuen Erkenntnis. Ja ich habe und hatte eine Entzündung aber…… Leider habe ich auch ein Wundheilungsstörung an der Stelle, wo der Harnleiter wieder an die Blase angenäht wurde. Folge: eine sehr gereizte Blase. Es gab neue Tabletten und einige Therapie wurden gestrichen. Zum Glück ist nun Wochenende und Therapieskat inklusive Störtebeker sind weiter erlaubt.

Das letzte Wochenende bricht an. Als erstes steht der Inko-Test an. Ich gebe das Protokoll und die benutzten Vorlagen ab. Die Schwester wiegt, notiert, wiegt wieder, vergleicht, prüft die unbenutzte Vorlage und runzelt die Stirn und sagt; Nichts. Na toll, zum Glück kann ich mir die Werte merken. Ich rechne nach und könnte jubeln. Ich habe den niedrigen wert noch halbiert, also nur noch 5 ml. Das heißt ich bin -kontinent und das trotz der Entzündung und der Beschwerden mit der Blase. Das muss gefeiert werden. Ab zum Hydrojet. Ich muss noch 5 Minuten warten. Dann fällt mir auf das ich mein Muttiheft vergessen habe. Das ist das Heft mit den Therapieplänen und muss immer abgezeichnet werden. Es ist von Vorteil bei der Bewertung wenn man alles mitgemacht hat. Ich habe es also vergessen. Nun kann ich ja nachreichen. Das ist aber kein gute Idee das heißt ja, das ich irgendwann noch mal auf die Suche nach der Therapeutin gehen muss, das kann umständlich werden. Ich entschließe mich also das Heft gleich zu holen. Inzwischen sind es nur noch 4 Minuten. Zum Fahrstuhl laufen, warten, hoch in den dritten, ins Zimmer gehen, Heft holen und wieder zurück. Ziemlich knapp, aber zu schaffen.

Okay der Fahrstuhl kommt nicht, nur noch 3 Minuten, ist aber noch zu schaffen. In das Zimmre gestürmt, verdammt wo ist das Heft? Auf Klo, auf dem Tisch? Ne, es versteckt sich unter dem Laptop. Nur noch 2 Minuten und der Fahrstuhl kommt nicht, ich renne die Treppe runter und treffe Otto. Wir quatschen kurz wegen der Skatrunde, jetzt ist es nur noch eine Minute. Ich erreiche in letzter Sekunde den Therapieraum. Ich will mich gerade auf den Hydrojet legen, als ich mein Therapielaken vermisse. Das habe ich jetzt oben im Zimmer vergessen als ich das Heft gesucht habe. Glücklicherweise hat Frau Rodriguez einen Ersatz, jetzt habe ich mir die Entspannung richtig verdienten.

Nach dem Mittag beschließt die Skat-Gang einen Ausflug nach Waren zu unternehmen. Also lade ich Hans und Otto ins Auto und los geht’s. Hans ist ortskundig und hat in Waren gelebt. Wir bekommen ein kleinen Stadtrundgang, inkl. Rathaus. Dort kann man noch den Einschlag einer Kanonenkugel aus dem Kapp Putsch bewundern. A bisserl schoppen waren wir auch, wo Otto aber doch ganz schön trödelt. Er ist Computerspezialist und etwas verpeilt; also manchmal. Eigentlich wollten wir noch in „Dat Tortenhus“, das war aber voll und eine Wartezeit von 45 Minuten waren echt zu lang. Also wieder zurück in die Klinik und dort noch mal die Wanne vollgehauen. Irgenwie überkommt mich etwas Wehmut. An das gemeinsame Abendbrot habe ich mich gewöhnt und den Skatabend lieb gewonnen. Wenn wir dann noch gemeinsam Handball sehen, ist der Abend perfekt. Das wird nun bald enden. Aber erst mal genieße ich den Abend.

Es ist Sonntag. Natürlich stehe ich früh auf um mir meine Zeitung zu sichern. Als ich schon wieder vorm Fahrstuhl stehe höre ich wilde Flüche vom Counter. Offensichtlich ist jemand sauer das ich ihm die Zeitung weg geschnappt habe. Tja Alter, da musst du schon früher aufstehen um mich auszutricksen. Ich bin echt müde, und will nur frühstücken und chillen. Das Wetter ist zum Gott erbarmen. Während ich noch den trüben Gedanken nachhänge, mache ich einen Plan für die Zukunft. Ich werde hier noch mal Urlaub machen um meine Ausflüge und Projekte umzusetzen.

Ich genieße nach dem Frühstück noch ein paar Kaffee im Bistro, lese Zeitung und löse mal wieder Rätsel. Ich entspanne und mache kurz vor dem Mittagessen noch etwas ganz untypisches; ich gehe spazieren. An frischer Luft kommen mir immer gute Ideen. Sind Otto, Hans und icke nicht gestern gescheitert, als wir in „Dat Tortenhus“ wollten? Ich beschließe einen neun Anlauf zu unternehmen. Allerdings muss ich alleine nach Waren fahren. Ich bin pünktlich zu Eröffnung um 13:00 da. Es ist noch fast leer; keine Wartezeit von 45 Minuten. Die hätten sich aber gelohnt. Die Schoko, Vanille Sahnetorte ist eine Gedicht, der Kaffee vorzüglich. Nach getaner Essarbeit geht es zurück in die Klinik. Was fange ich mit den restlichen Nachmittag an? Wäsche waschen? Habe ich schon, außerdem habe ich keine Lust. Ich würde gerne Fahrradfahren, also auf dem Ergometer. Leider muss ich damit mindestens noch zwei Monate warten, auch dann darf ich nur fahren wenn ich schmerzfrei bin. Ich suche Otto, damit ich ihn zu einer Runde Tischtennis überreden kann. Da wo er sein sollte ist er nicht. Eigentlich treffen wir uns um 15:00 Uhr immer zur Strategiebesprechung. Er kommt nicht. Schwimmbad geht auch nicht, das öffnet erst um 19:00. Okay dann gucke ich etwas Sport auf dem Zimmer und mache ein kleines Powernapping.

Beim Abendbrot vermisse ich immer noch Otto. Macht nichts heute gibt es Bratwürstchen und Bouletten. Um 18 Uhr sitze ich wieder in meinem zweiten Wohnzimmer im Bistro. Hans hat sich abgemeldet, aber Peer die coole Socke kommt pünktlich. Dummerweise brauchen wir für Skat einen Dritten Mann. Zwei Bier später steht Otto am Tisch, total verpeilt. Er hat komplett den Nachmittag und das Abendbrot verschlafen. Trotzdem spielen wir noch ein paar Runden. Es dauert nicht lange und Otto ist putzmunter und will gar nicht mehr aufhören, während uns die Augen zufallen. Übrigens in Zukunft heißt er nur noch Ramschotto. Er lässt mich häufig beim reizen auflaufen und läutet dann eine Ramschrunde ein, die ich jedes mal haushoch verliere. Aus Vorsicht sage ich jedesmal 18. Selbst wenn ich dann eine Farbe oder Null spiele und verliere wird es wenigstens nicht so teuer. Morgen stehen ein paar interessante Termine an und am Dienstag gibt es dann den Abschluss. Ich fange schon mal an zu packen.

AM ENDE WIRD ALLES GUT: REHATAGEBUCH #11

Mittwoch, die letzte Woche hat begonnen. Ich werde sie genießen, freue mich aber wieder auf zu Hause. Nach der Gewichtskontrolle und vor dem Sport, gibt es ein etwas reduziertes Frühstück. Vielleicht schaffe ich es noch, das meine Gewichtsbilanz nicht in einer Katastrophe endet.

Ich bin pünktlich in der Halle. Die Trainerin schlägt Tischtennis vor. Ich bin echt begeistert. Weiß gar nicht wann ich das letzte Mal eine Kelle in der Hand hatte. Was hat mich nur so ruiniert? Früher habe ich viel mehr gemacht, Tischtennis, Federball usw. Ob die Freude daran zurück kommt?

Nach dem aufwärmen die erste Runde. Zur Motivation gibt es die Beatles aus dem Ghettoblaster. Mein Partner spielen eher Ping Pong, es geht um den Spaß an langen Ballwechseln. Mir wird echte heiß. Pause, Puls messen, das Blut kommt in Wallung, so langsam habe ich den Dreh raus. Nächste Runde wir tauschen durch. Mein neuer Partner, Gegner sollte es hier nicht geben, teilt meine Philosophie nicht und versucht mich auszuspielen, zielt immer wieder auf meine schwache Rückhand und schmettert den Ball mit brachialer Gewalt zurück. Nach wenigen Minuten habe ich mich angepasst und meine Position angepasst und teile meinerseits aus. Ich jagen den Typen in alle Richtungen. Nach ca. 5 Minuten ist er fertig und trifft kaum noch einen Ball. Er hat Glück, vor den drohenden Herzkasper rettet ihn das Ende der Sportstunde. Auch ich bin kaputt und zufrieden. Hoch motiviert gehe ich den Rest des Tages an.Das dazu noch eine runde Hydrojet gehört, ist quasi das Sahnehäubchen.

Heute will ich es dem Beckenbodentrainer zeigen. Nochmal zur Erklärung man sitzt auf einer Platte, die in der Mitte ein halbes weiches Rohr als Sensor hat und auf die Anspannung im Schritt reagiert, also wie wenn man den Strahl beim pullern unterbrechen will. Als erstes wird das Gerät auf einen angepasst, dazu muss man kurz drei mal maximal anspannen und entspannen. Da nach geht es richtig los, 6 Runden bei bedarf zwei Runden oder noch mal 3 Runden. Auf dem Bildschirm erscheint eine geometrische Kurve. Am Anfang und Ende flach, gefolgt von zwei gleichwinkligen Dreiecken, denen man die Spitze abgeschnitten hat, also oben flach sind und noch spitz, Dazwischen gibt es ein flache Phase. Flache Phase bedeutet Entspannung, die Ansteigende Linie anspannen, der flache Bereich oben bedeutet Spannung halten, danach soll man wieder langsam die Anspannung lösen und enspannen. Das ganze zwei mal je Runde. Hört sich einfach an? Ist es aber eigentlich nicht. Hier geht es nicht um stärker, länger oder härter, sondern darum die Linie möglichst genau nachzuziehen. Also nicht malen nach Zahlen, sondern malen mit Beckenboden. Ihr könnt euch vorstellen das es kaum einem gelingt. Meine Linie ähnelt mich mal nahezu einer geraden Linie, sondern eher dem Aktienkurs der Tesla Aktie. Trotzdem bin ich bei 70%, das ist nach der OP ein Superwert. Vermutlich wäre er noch besser, wenn ich diese blöde Blasenentzündung los wäre.

Nach einem umfangreichen Programm steht zu Abschluss das Bogenschießen auf dem Programm. Okay mehr als 15 Meter sind es nicht. Irgendwann muss ich 70 Meter schießen, wenn ich das ernsthaft betreiben will. Auf 15 Meter bin ich ganz gut und habe mächtig Spaß. Dann das große Finale; der Apfelschuss. Natürlich ist das kein Apfel sondern ein Luftballon und auf den Knaben verzichten wir auch; aus versicherungstechnischen Gründen. Ich meistere die Aufgabe mit Bravour. Nun ja sagen wir mal so, wäre ich wirklich Tell gewesen, ich hätte jetzt drei Kinder weniger.

Mit dem Erfolgserlebnis geht es nach dem Abendessen, es gibt heute Bockwurst, geht es zum Skat in gemütlicher Runde und alkoholfreiem Störtebeker.

Donnerstag, das Ende naht. Noch zwei Tage volles Programm, dann wird es ruhiger, Mittwoch geht es endlich nach Hause. Da die Visite schon am Mittwoch vorgezogen wurde habe ich vormittags etwas Luft vor dem Mittagessen. Was tun sprach Zeus. Lesen, relaxen, rätsel lösen Kaffee trink, spazieren gehen? Ich geht ins MTT und ziehe das gesamte Programm durch. Nach 1 ½ Stunde bin ich durch und belohne mich mit einem Kaffee und einem Stück Mandel-Kaffee-Baiser Torte., natürlich vor dem Mittagessen. Wir, also die Bruderschaft des Skat, stellen fest das wir um 14:30 Hallensport haben. Angesichts der Gefahr, das wir wieder irgendwelche langweiligen Übungen mache müssen, schmieden wir einen Plan. Pünktlich um 14:30 sind wir vor der Halle und zählen durch, wir sind in der Überzahl. Glücklicherweise haben wir nicht Frau Oberstabsfeldwebel, oder so einen Schleifer wie in Full Metal Jacket: „Was wollen wir heute machen“? „ Tischtennis“!:rufe ich, Hans ruft: „Super Idee, hat mir mein Arzt empfohlen“. „ich hole schon mal die Platten raus“, Otto ist in seinem Element. Peer erklärt den anderen die Vorteile und lenkt so von weiteren Diskussion ab. Es gelingt uns also recht schnell die Trainerin davon zu überzeugen, das wir Tischtennis spielen. Spiel, Satz, Sieg, die Skat Bruderschaft. Danach bin ich alle, aber richtig. Ich brauche Kal o Rien. Kuchen!

Mit Sport geht es weiter. Nach dem Abendbrot, geht es in das Bistro, wir gucken Handball. Argentinien ist ohne einen Messi Chancenlos. Ich weiß der spielt nur Fußball. Nach reichlich alkoholfreiem Bier und Knabberzeugs sind wir vom Handball so geschafft, das wir es gerade noch so ins Bett geschaffen. Für mich naht das Ende.

Demokratie kann man keiner Gesellschaft aufzwingen, sie ist auch kein Geschenk, das man ein für allemal in Besitz nehmen kann. Sie muß täglich erkämpft und verteidigt werden. (Heinz Galinski)